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Musik sollte man besprechen lassen von jemandem, der wirklich etwas davon versteht.

Wir haben dafür Max (el Comandante) Sievers gewinnen können.
Max ist Chef von un poco pasatiempo, des einzigen Orchesters rein deutscher Musiker, das auf Grund der Qualität seiner tollen Musik auch von Cubanern als Salsa Orchester akzeptiert wird. Viel Spaß beim Lesen der Texte und Reinhören in die Musikbeispiele. Mehr Latin News erfahrt ihr in unserem Latin Letter!

Willy Chirino – Cuba Libre

Es gibt aber auch Produktionen, die gehören nicht nur schnöde ins CD-Regal, sondern in ein Schatzkästchen, in Samt gehüllt. Für besondere Anlässe, wie die beste Flasche Wein, die man öffnet, um sich selbst und Freunden etwas Gutes zu gönnen.

Ein solches Schätzchen ist Cuba Libre. Es ist eine Liebeserklärung Willy Chirinos an die Musik seiner Heimat, Cuba. Auch wenn er in den USA lebt, ein Cubaner bleibt ein Cubaner, egal, wo er sich gerade aufhält. Seine Hommage an Son, Guajira, Guaguanco, Danzon und Cha Cha Cha ist so zeitlos, wie die Musik selbst. Mit Cuba Libre hat sich Chirino vieler bekannter Melodien angenommen und sie in ein neues Gewand gehüllt. Edler Musikstoff, gewebt nach traditionellen Mustern, zugeschnitten und geschneidert mit einigen der bekanntesten Künstlern der Szene, die an der Klasse dieser CD einen großen Anteil haben.

Das Duett über die Schönheit der Insel mit Celia Cruz (Cuba que lindos son tus paisajes), das Trompetensolo von Arturo Sandoval bei Cuba Linda (Gänsehaut garantiert!) und Chirinos Version des Erdnussverkäufer (El Manisero) sind für mich Meilensteine unserer Musikwelt. Und sogar für die Guantanamera schneidert Chirino ein neues Gewand. Von vielen Künstlern mittlerweile verschmäht, bekommt das Lied bei ihm auf einem roten Teppich einen, hoffentlich nicht letzten, großen Auftritt. Wie einige andere Kollegen, war die Dame aus Guantanamo schon etwas in die Jahre gekommen und ist fast zum Gassenhauer geworden. Willy Chirino lässt diese Garde wieder im alten bzw. neuen Glanz erscheinen, evtl. sogar noch etwas schöner als sie früher schon waren. Also eine CD mit alten, liebgewonnenen Freunden, die jedem Liebhaber cubanischer Musik schon einmal über den Weg gelaufen sind … aber eben fein herausgeputzt.

Alle diese Lieder, die, wie Chirino selbst sagt, die Cubaner in ihrer DNA tragen, sind hervorragend produziert und es gibt wenige CDs, die solch eine große Vielfalt an Musik bieten. Eine enorme Bandbreite traditioneller, cubanischer Musik, auf höchstem Niveau gespielt. Penibel arrangiert und abgemischt und doch mit viel Spaß und Spielfreude, sonst wäre es ja auch nicht wirklich cubanisch.

Im dazugehörigen Booklet erzählt uns Chirino noch etwas zu den verschiedenen Musikstilen und über sich selbst. Durchaus interessant, wenn man immer schon einmal wissen wollte, was denn nun Danzon von Guaracha unterscheidet und … wenn man entweder Spanisch oder Englisch versteht.

Das Einzige, was mich irritiert, ist die (etwas versteckte) Bacardi-Fledermaus auf dem Cover. Wir trinken doch alle Havana Club, oder? Aber auch dieses Detail hat wohl einen speziellen Grund.
Den musikalischen Genuss schmälert dies allerdings nicht und wenn die CD nach dem Hören wieder in ihrem Schatzkästchen schläft, schön zugedeckt, sieht das ja auch niemand.

Calle Real – Me Lo Gané

wer sind die denn? Die Freunde von Pippi Langstrumpf, die Kinder von Bullerbü? Nein, das sind (unter Anderen) Calle Real!!! Ist euch schon die seit einigen Wochen auf crossbody betriebene Werbung aufgefallen? Der Tigerkopf, der ein wenig aussieht, wie ein T-Shirt-Aufdruck von Ed Hardy oder eine Werbung für Hagenbecks Tierpark? Das ist Calle Real! Dass gute Kinderbücher aus Schweden kommen, daran haben wir uns bereits in unseren Kindertagen gewöhnt und Pippilotta Viktualia Rollgadina Pfefferminz Efraims Tochter Langstrumpf hatte, das haben wir alle schon damals sehen können, hervorragende Kontakte in die Südsee und die Karibik. Diese Verbindung muss jetzt irgendwie dazu geführt haben, dass in Schweden richtige Timba gespielt wird, von Schweden. Selbst gemachte (cubanische) schwedische Timba, nicht so artig wie Tommi und Anika, nein richtige Timba, aber auch nicht so schmutzig wie Blutsvente und Messerjokke, also schon ein wenig schwedisch, europäisch.

Ok, genug aus den Kindertagen. Calle Real ist heute und Calle Real ist wirklich heiß. Druckvolle Timba como en Cuba. Druckvolle Bläsersätze, stimmige Melodien, Gesangslinien, denen man folgen kann und eine (zum Glück) durchsichtige und fundierte Rhythmusabteilung. Dynamische Arrangements und alle Stücke sind Eigenkompositionen, Made in Schweden. Respekt, alter Schwede!!!

Mir gefällt die CD ausgesprochen gut und ich ziehe den Hut vor Calle Real. Da man mit Salsa nur mäßigen und mit Timba keinen wirklichen kommerziellen Erfolg in Europa haben kann, ist dies echter Enthusiasmus. Das sind Musiker, die an der Sache Spaß haben und das merkt man auch, wenn man die CD anhört. Da spielt eine Band und keine Ansammlung von Salsa- Virituosen, sehr angenehm. Evtl. ist diese CD sogar etwas für Menschen, die bisher mit Timba nicht sooo viel am Hut hatten, die Gesangs- und Bläserlinien sind nachvollziehbar, die Rhythmik ist abwechslungsreich aber nicht chaotisch und die Breaks sind klar und deutlich. Es wäre natürlich keine Timba, wenn alles sehr simpel wäre. Nein, da haben sich die Kollegen aus Schweden viel Mühe gegeben, mit Erfolg! Es ist Timba und bleibt Timba, aber irgendwie transparenter als einige Produktionen aus dem Ausland (also Schweden ist ja, wenn man die Villa Kunterbunt kennt, kein wirkliches Ausland)

Übrigens, wäre Pippi Musikerin gewesen, dann hätte sie bestimmt gern bei Calle Real gespielt. Timba ist auch ein bisschen Salsa-Anarchie: 2 x 3 macht 4, Widdewiddewitt und Drei macht Neune !! Ich mach’ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt …. … und mir gefällt (widdewidde) Calle Real.

Alexander Abreu & Havana D´Primera – Haciendo Historia

Ein gezielter Tipp aus der heimischen (ja, auch ich als Kleinstädter fühle mich mittlerweile in der großen Stadt zuhause), cubanischen Szene, hat mich auf diese wunderbare CD aufmerksam gemacht und hierfür erst einmal Herzlichen Dank. Wie konnte ich bisher eigentlich ohne Alexander Abreu existieren?

Wer meine Cd-Vorstellungen kennt, weiß bereits an dieser Stelle, dass es ein Lobgesang wird. Und ich füge dem hinzu: ohne Einschränkungen. Havana D´Primera ist ganz großes Musik-Kino und ich weiß eigentlich gar nicht, an welcher Stelle ich anfangen soll.

Beginnen wir einfach mit dem Protagonisten, Alexander Abreu: Auf dem Cover wirkt die Trompete in seinen Händen wie ein Spielzeug, sein Blick ist fordernd, die Pose flößt Respekt ein. Dieser Mann braucht ein Instrument aus Metall, das gegen mechanische Einwirkungen einigermaßen unempfindlich ist. Sein Blick verrät, dass er bereit ist, alles, auch den höchsten Ton aus dem Instrument herauszuholen, um sogar den Flöten gehörig Konkurrenz zu machen. Das kann er auch! ….aber… er lebt das zum Glück nicht ununterbrochen aus. Er ist kein Blechquäler, der eine CD macht, um zu beweisen, wozu er instrumental in der Lage ist. Seine Trompete steht überhaupt nicht im Vordergrund dieser Produktion, denn Alexander Abreu ist auch ein begnadeter Sänger, Arrangeur und Komponist, was er auf dieser CD eindrucksvoll beweist. Dass er mit dem Instrument umgehen kann, hat er auf unzähligen CDs und Gigs der bekanntesten cubanischen Künstler bereits gezeigt. Ob Issac Delgado, Los Van Van, NG la Banda, Paulito F.G. oder Manolin „El Medico De La Salsa“, bei allen ist er gern gesehener Gast.

Sein eigenes Projekt Havana D´Primera trägt einen etwas anderen Stempel. Hier zeigt er nicht nur, dass er ein großartiger Trompeter sondern ein absoluter Vollblutmusiker ist und die verschiedenen Spielarten der cubanischen Musik nicht nur beherrscht sondern mit ihnen spielen kann, um seiner Musik Ausdruck zu verleihen. Alle Stücke sind aus seiner Feder und er zeigt eine Bandbreite, die man nur auf wenigen CDs findet. Knackige Salsa, treibende Timba aber auch klassischen Son mit einer kleinen Besetzung, Guaguanco und sogar einen Bolero. Daneben tauchen immer wieder rhythmische Elemente auf, deren Namen ich gar nicht genau kenne, die aber der CD einen gesamtkaribischen Touch geben. Alexander Abreu bleibt allerdings in jedem Moment in Havana, schaut eben nur etwas weiter über den musikalischen Tellerrand. Ich bin wirklich beeindruckt. Seine sanfte aber kraftvolle Stimme ist angenehm und doch prägnant. Er führt die Band an, erdrückt sie aber nicht und lässt auch den übrigen Musikern den notwendigen Freiraum.

Bei Havana D´Primera spielen ausschließlich Musiker der ersten Liga, die in der Lage sind, den einzelnen Liedern immer auch die richtige Stimmung zu verleihen. Abgesehen davon sind die Stücke fabelhaft arrangiert und das wird auch bis zum i-Tüpfelchen umgesetzt. Aber, und das ist für mich immer ganz wichtig, es ist keine Leerstuhlmusik, über dem Ganzen schwebt immer die Stimmung der Straßen von La Habana. Ein bisschen Cumbia, ein Hauch Colombia, eine Prise Conga und die Bläsersätze erinnern hier und dort an die Carnavalmusik. (Oh, dass wir uns hier richtig verstehen, cubanischer Carnaval, nicht das Tätäh, Tätah, Tätäh unserer heimischen Klingelhutträgen. Entschuldigt bitte, liebe Narren und Narrenalesen, ich konnte mir den Hinweis einfach nicht verkneifen). Eine wirklich tolle, abwechlungsreiche Mischung, aber immer nah an den cubanischen Wurzeln.

Bei youtube findet ihr unter Havana D´Primera die meisten Stücke der CD, live gespielt in der Casa De La Musica in La Habana und auch verschiedene Clips mit Alexander Abreu und anderen Größen der Salsaszene. Klick euch dort einmal durch, es macht wirklich Spaß.
Zum Schluss verrate ich euch noch, dass, auch wenn ich ein großer Timbafan bin, meine Liebligsnummer (sozusagen 11Punkte von 10 möglichen) „Después de un beso“ ist. Ein wunderbares Son-Stück.

Resümee: Im Grunde hätte ich mir den ganzen Text sparen können und einfach nur „Fabelhaft“ schreiben müssen. Diese CD ist ein absolutes Muss für jeden Liebhaber cubanischer Musik. Viel Spaß damit.

Ibrahim Ferrer – Buena Vista Social Club presents …

Cubanische Musiker sind jenseits der 70 und bewegen sich altersgemäß aber geschmeidig zu ihrer Musik. Sie sind ordentlich gekleidet und die Musik ist stimmungs- und anspruchsvoll, einladend zu einem Gläschen Rum und einer guten Zigarre.

Auch wenn dieses Vorurteil nicht stimmig ist, so steckt doch ein kleines bisschen Wahrheit darin. Um einen Bolero oder Son so zu singen, wie er es tut, braucht jeder ein gehöriges Maß an Lebens- und Musikerfahrung. Eine der schwierigsten Disziplinen der cubanischen Musik. Wenn er über Schmerz oder Sehnsucht singt, erzählt er es nicht nur, er spürt es, weil er das Gefühl kennt. So empfinde ich es jedenfalls.

Ibrahim Ferrer ist und er bleibt einer der ganz Großen und bevor ich weiter Gedanken an die CD-Vorstellung vergeude, verneige ich mich erst einmal von diesem grandiosen Sonero.

Auf dieser CD, die seine erste Solo-CD ist, schenkt er uns eine großartige Zusammenstellung mit wunderschönen Sones, Boleros und Son montunos. Die Kollegen vom Buena Vista Social Club sind natürlich auch dabei aber im Mittelpunkt steht die unverwechselbare Stimme von Ibrahim Ferrer. Ich habe diese CD in diesem Moment in CD-Player und immer wieder läuft mir ein Schauer über den Rücken, weil (gerade die Boleros) so wunderschön sind. (Auch, wenn mir die jammernde Slide-Guitar von Ray Cooder im Hintergrund manchmal etwas überflüssig vorkommt. Er hat Großes für die cubanische Musik geleistet und darf somit auch mitspielen, o.k.)

Gerade bei den Boleros verwischen alle Grenzen zwischen LA-, NY- und Cuba-Stil-Diskussionen. Wiegt euch im Takt und lauscht dieser wunderbaren Musik und wenn dann „ Que buena baila usted“ von Benny Moré ertönt, ist die Stimmung plötzlich wie umgedreht. Kräftige Bläser und ein mitreißender Rhythmus. Für alle Son-Tänzer ein Genuss.

Gekrönt hat Ibrahim Ferrer sein Werk mit einem der schönsten Boleros: „Como Fue“, ganz zum Schluss. Ich höre an dieser Stelle auf, weil dies eines meiner Lieblingslieder ist und er singt es, als hätte er diese Geschichte genau so erlebt. Das ist Cuba, wie ich es liebe.

Post mortem einen lieben Gruß in den Himmel und muchas gracias für diese wunderbare Musik.

Issac Delgado, Asi soy

„Asi soy“ ist Salsa und gemäßigte Timba auf allerhöchstem Niveau. Und bei „La fiesta“ kommen sogar die jungen Wilden zu Wort. Ich habe es übrigens nicht lange auf dem Sofa ausgehalten.

Dass Issac Delgado bei vielen Leuten eher als Hör-Salsero gehandelt wird, liegt sicherlich an seiner angenehmen, ruhigen Stimme und den ausgeklügelten Arrangements, die auch wirklich zum Hören einladen. Aber auch auf früheren CDs finden sich viele Stücke, die ganz wunderbar zum Tanzen sind. So z.B. auf „Prohibido“ oder auch auf „En primera plana“.

„Asi soy“ ist für meinen Geschmack eine ganz hervorragende Tanz-CD. Nicht so sehr für die Parkett-Akrobaten und Hochgeschwindigkeitstänzer, aber für die Genießer. Diejenigen, die sich tanzend über schöne Melodien und einen tollen Bläsersatz freuen können, die ihrer Tanzpartnerin in einer etwas ruhigeren Passage auch mal gern tief in die Augen schauen (meine Herren, die Damen werden es ihnen danken).

Aber bitte nicht falsch verstehen, das hier ist keine Schmuse-CD, kein cubanischer Kuschelrock. Auch etwas leisere Töne lassen sich durchaus in einem zügigen Tempo spielen und diese Kunst zelebriert Delgado hier geradezu. Wie auf allen CDs von Issac Delgado ist jedes Lied ein eigenständiges Kunstwerk. Penibel arrangiert aber ohne faden, akademischen Beigeschmack und mit Leichtigkeit gespielt. Haha, so scheint es jedenfalls. Gruß an die Musikerkollegen und an mich selbst. Da können wir uns alle ´ne Scheibe von abschneiden. Dynamik hat nichts mit schnell und langsam zu tun, sondern mit Dynamik. Und auch in dieser Beziehung ist Delgado ein ganz Großer.

Zum Schluss möchte ich noch meinen Favoriten preisgeben: „Se fue, adios“ … oder doch lieber „no vale la pena“? … oder doch lieber „Tumbaito“ (wegen des Anfangs vom Congasolo)? Egal, ich leg die CD einfach wieder zurück in den Dreher und hör´ sie mir noch einmal komplett an.

Mario Rivera – Negrito Bailador

Energie ohne Ende und eine Stimme wie ein Kraftwerk. Mayito Rivera hat die neue Ära der Van Van Front eingeleitet und der bekanntesten Band Kubas seinen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt. Er ist einer derjenigen, die, wenn sie auch nur im Hintergrund einer neuen CD Produktion auftauchen, sofort zu erkennen sind. Kein anderer Sänger phrasiert so authentisch wie er.

Auf seiner Solo-CD „Negrito Bailador“, auf der der eine oder andere Kollege von Van Van natürlich nicht fehlen darf, zeigt er das ganze Spektrum seines Könnens und bereits der Titelsong lässt jedem Salsafan das Herz höher schlagen. Jedenfalls demjenigen, der cubanische Salsa liebt. Immer für eine Überraschung gut, kraftvoll und ursprünglich. Nicht akademisch und schon gar nicht langweilig. Den Titel findet ihr übrigens auch bei youtube als Live-Version aus dem Film „Musica Cubana- The Sons of Cuba“ und es lohnt sich hier einmal reinzuklicken, denn neben der reinen Musik, könnt ihr hier die Energie spüren, die Mayito Rivera beim Singen versprüht. Er singt mit Händen, Füßen und dem ganzen Körper, hat die Band fest im Griff und lässt sie für sich spielen. Sich die CD mit diesen Bildern im Hintergrund anzuhören, steigert den Hörgenuss nochmals gewaltig. Hier wird nicht einfach nur gesungen, hier wird Salsa gelebt. Und dieses Gefühl zieht sich, auf vielfältige Art und Weise, durch die gesamte CD, vom ersten bis zum letzten Ton.

In Puncto Abwechslung bekommt dieses Werk somit auf jeden Fall die Höchstwertung. Maytito Rivera hat nicht alles miteinander vermischt, sondern zeigt Stück für Stück, dass er in den vielen Spielarten der kubanischen Salsa zu hause ist. Von Timba-Salsa (keine Angst, sehr gemäßigt) über Guaguanco bis hin zum letzten Stück, einem Bolero, hat jede Nummer ihren eigenen Charakter. Mal eher zum Zuhören, mal um sich auf der Tanzfläche so richtig auszutoben. Und alles mit der gleichen musikalischen Qualität.

Nach meiner Meinung gehört diese CD in jede Salsa-Sammlung. Nicht um einfach eine gute CD mehr zu haben und sie ins Regal zu stellen, sondern um sie immer wieder ins Laufwerk einzulegen und abermals etwas Neues zu entdecken. Mit dem einmaligen Hören ist es nicht getan und auch hier unterscheidet sich „Negrito Bailador“ von vielen anderen Produktionen. Kennt ihr das Gefühl?: Irgendwo ein tolles Lied gehört, CD besorgt und das eine Lied ist immer noch toll aber der Rest ist lediglich musikalische Füllmasse. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster hängen aber bei „Negrito Bailador“ werdet ihr dieses Gefühl nicht haben und somit könnt ihr die Fernbedienung zum Weiterschalten getrost aus der Hand legen.

Die Cd ist übrigens auch noch unter dem Namen „llego la hora“ auf dem Markt. Dies hat wahrscheinlich damit zu tun, dass viele cubanische Produktionen in den USA unter einem anderen Namen vertrieben werden. So z.B. auch „Malecon“ von Issac Delgado, die in den USA unter „La formula“ gehandelt wird. Malecon klang wohl zu cubanisch? Negrito Bailador besitze ich mittlerweile zweimal, da ich dem Namensspiel aufgesessen bin und die zweite Version in einem Anfall von Begeisterung: „Oh, super, noch eine neue CD von Mayito“, den Bestellknopf gedrückt hatte und beim Auspacken erst aus dem Traum erwacht. Egal, so habe ich ein tolles Musikgeschenk, dass sicherlich demnächst einen begeisterten Salsaliebhaber erfreuen wird. Und diese CD werde ich mit einen sehr guten Gewissen verschenken, weil es ein Meisterwerk ist.

Jesus „el nino“ Alejandro, Soy Montuno

So geschehen vor einiger Zeit, als mir „soy montuno“ von Jesus „el nino“ Alejandro ins Laufwerk meines Bürocomputers geriet. Der Arbeitstag war gelaufen, Salsatime!

Bereits bei der ersten Nummer „la guinaita“ hüpft der Kugelschreiber in 3/2 Clave vom Schreibblock, der Kaffeebecher mutieren spontan zur Cencerro und die Kollegen fragen sich zu recht, ob der Typ da am Schreibtisch noch ganz normal ist. Egal, diese CD hat einfach Klasse und ich kann mich nicht beherrschen, auch dem Rest der Welt dies mitzuteilen.

Wie bereits erwähnt, gleich zu Beginn geht es zackig zur Sache: Gebläse, kräftiger Chor, saubere, nach vorn spielende Rhythmusabteilung und dann…..El Nino selbst. Die Stimme, die auch den CDs von Edwin Bonilla einen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt hat. Kräftig, percussiv und leidenschaftlich. Dabei sieht der Typ auf dem Plattencover gar nicht so aus. Frisch rasiert und mit Krawatte würde er auch als Anlageberater bei der örtlichen Sparkasse durchgehen.

„ Soy montuno“, die Titelnummer und das 2. Stück auf der CD, treibt vom ersten Takt an und so geht es weiter bis zum letzten Stück „a bailar“. Eine absolut Highspeed-Nummer und für alle Tänzer der ultimative Deodorantkiller. Die CD verliert nie den nötigen Druck, auch wenn die Stücke natürlich unterschiedliche Stimmungen haben. Die einzelnen Stücke auseinanderzupflücken liegt mir nicht. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass jeder, der diese CD hat, bei der nächsten Party nicht nur eine Nummer von „soy montuno“ auflegen wird.

Die CD bietet aber mehr als nur Spaß-Salsa zum Abtanzen. Mittlerweile habe ich mir auch die Muße genommen etwas genau hinzuhören und … alle Musikerpolizisten aufgepasst: El Nino hat sich auch für die musikalisch Interessierten einiges zu bieten. Auch wenn (oh Wunder) Edwin Bonilla hier nicht mit am Start ist, lohnt es sich schon, dem fein abgestimmte Zusammenspiel der Perkussionsabteilung zu lauschen (die gesamte Abteilung besteht allerdings „nur“ aus Kiko Osorio). Klassische Trommelabteilung, die, zusammen mit Bass und Piano, in jedem Takt den richtigen Druck findet, um das Lied in die gewünschte Richtung zu führen. Piano, Bass, Tres und Flöte werden übrigens alle von „ElNino“ höchst persönlich gespielt. Im Grunde (bis auf die Blechbläser)ein Zweipersonenprojekt und die beiden hatten bestimmt im Studio viel Spaß. Die Abteilung Gebläse erzeugt kräftigen Wind von vorn. Wer bei Nord-West/8-9 schon einmal auf dem Nordseedeich gestanden hat, weiß, was ich meine. Alles sehr geordnet aber nie langweilig oder starr, immer zwischen 8 bis 10 Windstärken (mit Sturmböen). El Nino selbst muss nur kurz ein schmissiges „como“ einwerfen und jeder weiß: Da ist er wieder. Und wenn dann noch der Chor dazukommt, ist die Sache perfekt:

Nicht Soße mit Geschmacksverstärker sondern echte Salsa.

Einziger Nachteil bei der CD: Mit rund 40 Minuten ist die CD relativ kurz. Sehen wir es aber positiv. Lieber kompakte Klasse als langatmige Mittelmäßigkeit. Ich habe bei keiner Nummer das Gefühl, dass hier irgendetwas gestreckt wurde, nur um den CD-Rohling an die Grenze seines Fassungsvermögens zu bringen. Außerdem muss ich ja auch irgendwann wieder mit der Arbeit beginnen!

So ihr Lieben, meine Empfehlung könnt ihr schon erahnen: sofort kaufen! Ich hoffe, dass Jesus bald mit einer neuen CD seine musikalische Hand über uns hält und möchte ihm noch zurufen: „Ja, Jesus, Du bist montuno!“

Michel Maza – que hablen, los habladores

Kräftig und scharf, eine Kreation, die zu Fleisch und handfesten Speisen gereicht wird. Unendlich viele Varianten und zu dem jeweiligen Gericht das kulinarische i-Tüpfelchen. Und dann gibt es Salsa, die so kräftig und eigenständig ist, die soviel Eigengeschmack und Feuer hat, dass es völlig egal ist, welche sättigende Beilage ich wähle. Das nennt man dann Timba.

Für mich habe ich Michel Maza in einem Video auf youtube entdeckt.
Michel Maza ist der Typ im Leopardenhemd. Die cubanische Creme de la creme gibt sich die Ehre und ich habe sofort eine Gänsehaut bekommen. Auch wenn sein Solo nur winzig klein ist, ich wollte sofort eine CD von ihm haben.) Hier ist sie nun und er hat mit diesem Werk meine Erwartungen weit übertroffen, Timba vom Feinsten. Vom ersten Ton bis zum Schlussbreak wird Volldampf gespielt und auch wenn zwischendurch die Flamme einmal etwas kleiner gestellt wird, um ein paar neue Gewürze hinzu zu geben, kocht die Timba immer wieder auf und fängt an zu brodeln.

Die Rhythmusabteilung erfindet sich immer wieder neu, ohne aber dabei die Orientierung zu verlieren. Unglaublich viele neue Figuren der Conga und der Typ an der Campana (das ist die tiefe Glocke im Hintergrund, wenn der Chor oder die Bläser am Start sind) hat, nach Jahren der festgelegten Salsa- und Sonstrukturen, auch großen Appetit auf Neues. Son und Salsa ist lecker – aber jeden Tag bei Muttern essen ist dann auf Dauer ja auch langweilig. Aber, und sonst würde mir die Cd auch nicht so gut gefallen, die Musik orientieren sich immer noch an den traditionellen Rezepten. Eben bloß anders abgeschmeckt, kraftvoller und würziger, härter und variantenreicher als traditionelle cubanische Musik.

Que hablen, los habladores ist Timba satt. Keine Schnörkel, kein überflüssiges Beiwerk, keine Ballaststoffe. Musik pur zum Tanzen (Achtung : sehr sehr cubanisch !) und zum Hören. Allerdings nur, wenn man in der Lage ist, wirklich große, kräftige Portionen zu verdrücken. Als Hintergrundmusik im etepetete Feinkostladen eignet sich die CD nicht. Die Musik wäre hierfür viel zu dominant und die Stimme von Michel Maza, die Art und Weise, wie er phrasiert, mit den verschiedenen Teilen der Stücke spielt, ist nichts für sanfte Gemüter. Da geht es richtig zur Sache, kein Likörchen mit abgespreitztem kleinem Finger sondern ein kräftiger Schluck Rum aus der Flasche, cubanischer Rum versteht sich.

Das ist eigentlich ein guter Gedanke. Ich habe noch ein großes Steak im Kühlschrank und eine Flasche Habana Club ist auch noch da. Dazu werde ich mir dann Michel Maza anstellen, laut natürlich … perfekt.

Ich wünsche euch bei dieser CD Guten Appetit und wer ein paar Details zur Person haben möchte, schaut mal bei www.timba.com rein.

Polo Montanez, Guajiro Natural

Es geht, alles existiert weiter – aber eben ein Stückchen ärmer. Polo Montanez hat uns aber ein Erbe hinterlassen: Seine wunderbare Musik. Sones und Boleros, die auf der Insel und in der ganzen Welt ihres Gleichen suchen. Kein orchestraler Firlefanz, keine übersättigten Bläsersätze und auch kein spektakulären Breaks sondern reine, unberührte … aber berührende, cubanische Musik.

Gespielt wird in einer „klassischen“ Besetzung, so wie man sie auf dem Lande Cubas häufig findet. Gitarre, Tres, Bass, Bongo, Clave und über allem eine bezaubernde Flöte oder anrührende Violine, ab und an auch eine einzelne Trompete. Vervollständigt durch die Stimmen, die Melodien und dem Gefühl der Leichtigkeit, den Einfühlungsvermögen, mit dem hier musiziert wird. Es geht auch ohne riesige Rhythmusabteilung oder mehrstimmigen Bläsersatz, Musik für das Herz und sehr wohl auch für die Tanzfläche.

Dies aber erst später. Den Erstgenuss dieses CD sollte man (wenn kein Antialkoholiker) mit einem Glas Rotwein und (wenn kein Nichtraucher) mit einer guten Zigarre im Lieblingssessel vervollkommnen. Zurücklehnen, nicht hören sondern lauschen, die Augen schließen und, wenn die Zimmertemperatur hoch genug ist, dann ist Cuba ganz nah. Herrlich!

Er musste erst über 40 Jahre alt werden, bevor er entdeckt wurde (Ok, die meisten cubanischen Künstler waren schon über 70 als Wim Wenders kam. Aber das ist ein anderes Thema). Er war Landarbeiter und spielte am Abend in der Kneipe an der Ecke. Ein bisschen für Geld und ein bisschen zum Spaß und diese Ursprünglichkeit ist es, die er sich in allen seinen Liedern bewahrt hat. Ich sage bewusst „Lieder“, weil die Bezeichnung „Nummer“ oder „Stück“ zu anonym wäre, zu kalt, zu schnöde. Seine Stimme ist eindringlich aber nicht aufdringlich, kraftvoll und doch einfühlsam. Eine Stimme, die ganz ohne Verstärkung gegen die Instrumente bestehen kann und, wie alle großen Stimmen, unverkennbar ist.

Auf dieser Cd findet sich auch sein größter Erfolg „Un monton de estrellas“. Ein Lied, das um die Salsawelt ging und bereits von so namhaften Kollegen wie Gilberto Santa Rosa gecovert wurde (bei Gilbertos Version muss man allerdings „neu erfunden“ sagen, Respekt!). Ja, es ist ein einzigartiges Lied aber die anderen Kompositionen stehen nicht hinten an. Jedes Lied hat für sich eine unglaubliche Kraft.

Was soll ich sagen. Hört euch diese CD einfach an, sie ist wunderbar.

Ps.: Sogar meine Kids, die sonst nicht auf „Alteleutemusik“ stehen, lieben diese CD. Und ihr wisst ja: Steter Tropfen …

Rhythms del Mundo – Cubano Aleman

Zuerst wollte ich den CD-Spieler gleich wieder ausschalten, dann aber doch nicht, weil ich hören wollte, was da wohl noch Schlimmes kommt.

Ich-Und-Ich, Rosenstolz, Silbermond und viele andere deutsche Interpreten auf „Salsanisch“? Klingt echt gewöhnungsbedürftig und dem eingefleischte Salsanier steht sofort und spontan das „?“ auf der Stirn, spontane Kontraktion der Nackenhaaraufstellmuskulatur. Muss das sein? Was soll das? Ist das ein Scherz? Nein, kein Scherz, sondern ein erneuter Versuch. Nicht etwas ganz Neues, weil es in der Rhythms Del Mundo-Serie bereits andere CDs gibt, auf denen z.B. Coldplay, U2 und Sting die gleiche Gradwanderung vollbringen. Aber auf Deutsch ist es für mich doch sehr ungewohnt und wer Gradwanderungen begeht, ist auch immer vom Absturz bedroht. Hier erst einmal der tiefere Hintergrund: Artist project earth, www.apeuk.org (hurra, wir benefizen. Heilung eines schwachen Produkts durch einen guten Zweck, na ja!)

Mein erster Gedanke war: Was für ein Quatsch. Gibt es nicht schon genug remixed Grütze im Salsaländle? “Let it be“ auf Salsa.
(finde ich ganz gelungen), Celia nimmt man ja auch so schnell nichts krumm, auch die Frisur nicht, aber muss das wirklich sein?

Ich weiß es nicht wirklich und ich bin hin und her gerissen zwischen Verriss und … bin es immer noch. Einige Stücke finde ich ganz gelungen, wie z.B. „Symphonie“ von Silbermond oder „Hammer“ von Culture Candela. Andere, wie z.B. Udo Lindenberg, hanseatischer Lokalpatriotismus mal bei Seite gelegt, finde ich grauenvoll. Und genau so geht es auch vielen Menschen, die diese CD besitzen. Auf Amazon gibt es einige Rezessionen zu dieser CD, die genau das widerspiegeln, was sich in meinem Inneren vollzieht. Wirklich lustig, ich kenne keine andere CD, die so konträr beurteilt wird www.amazon.de.

Entschuldigt bitte die Verwirrtheit, aber diese CD ist wirklich ungewohnt. Musikalisch könnte ich gut darauf verzichten. Es ist zwar alles sauber gespielt aber irgendwie auch nichts Halbes und nichts Ganzes. Wenn ich eine Süßspeise möchte, nehme ich ja auch keine Currywurst und streue Zucker drüber. Und aus Hardrock wird ja auch keine Klassik, nur weil evtl. eine Geige mitspielt.

Ich glaube aber auch, dass es zumindest nicht darum geht Salsa neu zu erfinden. Da gibt es „richtige“ Salseros, die das viel besser können. Es scheint eine Kontaktaufnahme der Interpreten bzw. Produzenten zu der Musik, die uns so sehr am Herzen liegt. Sollte dies helfen, unsere Lieblingsmusik einem noch breiteren Publikum näher zu bringen, dann soll es mir recht sein. Um allerdings wirklich zu überzeugen, reicht es aber nicht, ein bisschen afro-cubanische Rhythmen unter das Masterband zu mixen und schwupp … wir machen jetzt cubanische Musik. Nein liebe Leute, so einfach kann man sich das nicht machen. Benefiz hin oder her. Ein bisschen mehr Mühe ist da schon von Nöten. Das Piano spielt wie im Schlaf, die Percussionsabteilung trommelt artig vor sich hin und die Bläser werfen ab und an ein larifari in den musikalischen Gemischtwarenladen. Zur globalen Erwärmung trägt diese Produktion gewiss nicht bei und damit ist der Charity-Hintergrund dann ja auch erfüllt. Heiß ist das Ding nicht!

Was mich übrigens vom ersten Gedanken „Komplettverriss“ abgehalten hat (sonst wäre der Text noch vernichtender ausgefallen), ist ein Video zu der CD auf der einige Interpreten auf Cuba bei der Produktion gezeigt werden. Da kommen natürlich Gefühle auf, die den skeptischen Puristen milde stimmen. La Habana und der Malecón, da schlägt das Herz Kapriolen und der objektive Blick verschwimmt www.amazon.de.

Solltet ihr einem Nicht-Salsero einmal durch die kalte Küche in die Welt der Salsa führen wollen, sind Teile dieser CD dafür bestimmt geeignet. Für viel mehr reicht es nicht aber es ist ja für einen guten Zweck, dann sogar in zweierlei Hinsicht. Ansonsten ist die Salsawelt groß und da ist, wollen wir mal großzügig sein, auch noch ein bisschen Platz für Silbermond und Ich-Und-Ich. Allerdings bleibe ich bei Udo Lindenberg kritisch. Entschuldige Udo aber das ist nicht deine Baustelle oder eben doch … aber es wird auch immer eine Baustelle bleiben. Ein Bolero hat nichts mit Rumjammern zu tun, sondern mit Gefühl.

Alles in Allem gibt es von mir für dieses Werk ein „na ja, wenn es denn sein muss“, keine Euphorie und ich schließe in der Hoffnung, dass dies ein einmaliges Erlebnis bleiben wird.